DS 3/014 Gesetz zur Neufassung des Klimaschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen [LReg]

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Manfred Klausbrück

    • Offizieller Beitrag
    LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN Drucksache 3/014
    3. Wahlperiode 05.04.2021



    Gesetzentwurf

    der Landesregierung


    Entwurf eines Gesetz zur Neufassung des Klimaschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen

    A. Problem und Ziel

    Das Klimaschutzgesetz Nordrhein-Westfalen vom 29. Januar 2013 (Klimaschutzgesetz NRW) hat die Klimaschutzziele für Nordrhein-Westfalen gesetzlich verankert und die rechtlichen


    Grundlagen für die Erarbeitung und Umsetzung von Emissionsminderungs- und Anpassungsmaßnahmen geschaffen. Die klimapolitischen Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene haben sich seitdem substanziell verändert. Eine Novellierung des Klimaschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen ist daher geboten.


    Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens von Paris im Jahr 2015 hat sich die internationale Staatengemeinschaft das Ziel gesetzt, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf „deutlich unter“ 2° Celsius zu halten und weitere Anstrengungen zu unternehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,5° Celsius zu begrenzen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, so bald wie möglich den weltweiten Scheitelpunkt der Emissionen zu erreichen und danach rasche Emissionssenkungen im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen herbeizuführen, um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts weltweit ein Gleichgewicht zwischen entstehenden Emissionen und deren Abbau herzustellen. In diesem Kontext hat die Bundesregierung im Ende 2019 verabschiedeten Bundes-Klimaschutzgesetz ein nationales Treibhausgas-Minderungsziel von minus 55 Prozent bis zum Jahr 2030 gegenüber dem Stand von 1990 gesetzlich verankert. Auf Ebene der Europäischen Union strebt die Kommission im Rahmen des europäischen „Grünen Deals“ ebenfalls eine Verschärfung des Klimaschutzziels auf 55 Prozent weniger Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 an.


    B. Lösung

    Mit der Neufassung des bestehenden Klimaschutzgesetzes NRW werden erforderliche Anpassungen vorgenommen, die aufgrund der veränderten klimapolitischen Rahmenbedingungen geboten sind. Mit dem Setzen eines Treibhausgas-Minderungsziels für das Jahr 2030 und einer Erhöhung des Minderungsziels für das Jahr 2050 übernimmt Nordrhein-Westfalen die Verantwortung, seinen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung zu leisten und bekräftigt damit das Bekenntnis zum Übereinkommen von Paris. Zudem werden damit die Klimaschutzziele für Nordrhein-Westfalen mit den aktuellen nationalen und internationalen Zielsetzungen in Einklang gebracht.


    Gleichzeitig zielt die Neufassung darauf ab, Klimaschutz als Treiber für Innovation und Modernisierung zu nutzen und damit Transformationsprozesse anzustoßen, welche die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Nordrhein-Westfalen nachhaltig stärken und die Lebensqualität erhöhen. Das Klimaschutzgesetz NRW soll Leitplanken setzen, um die Möglichkeiten von Innovationen auf Basis von Forschung und Entwicklung sowie deren

    Implementierung zur Minderung von Treibhausgasen zukünftig gezielt zu nutzen. Es schafft Rahmenbedingungen, unter denen die klimarelevanten Akteure in Nordrhein-Westfalen eigenständig auf ein klimafreundliches und zukunftsfähiges Nordrhein-Westfalen hinarbeiten können.


    C. Alternativen

    Keine

    D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

    Das vorliegende Gesetz bereitet Maßnahmen vor, die Kosten nach sich ziehen können:

    § 6 ist rechtliche Grundlage für die Erstellung und Durchführung eines Klimaschutzaudits, welches für die öffentliche Verwaltung Kosten in noch nicht feststehender Höhe verursacht. Im Rahmen der Umsetzung von Ergebnissen des Klimaschutzaudits können einzelne Maßnahmen ebenfalls zu weiteren Kosten, aber auch zu Einsparungen bei öffentlichen Stellen führen. Diese Kosten und Nutzen sind im Zusammenhang mit den Einzelmaßnahmen zu ermitteln.


    § 7 ist rechtliche Grundlage für eine bilanziell klimaneutrale Landesverwaltung bis 2030. Dies wird Investitionskosten, insbesondere für die energetische Modernisierung des landeseigenen Gebäudebestands, die Beschaffung von Fahrzeugen mit klimagerechten Antrieben und den Aufbau einer Ladeinfrastruktur für batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge nach sich ziehen.


    Demgegenüber stehen Einsparungen bei Betriebskosten für die Landesverwaltung und eine erhöhte Wertschöpfung in Nordrhein-Westfalen.


    Darüber hinaus könnten durch das Gesetz weitere einzelne Kosten ausgelöst werden, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht konkretisiert werden können.

    E. Erfüllungsaufwand

    Durch denn Vollzug des Gesetzes entstehen keine direkten finanziellen Auswirkungen auf private Haushalte.


    E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

    Durch denn Vollzug des Gesetzes entstehen keine direkten finanziellen Auswirkungen auf Unternehmen.


    E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

    Mit der Gesetzesänderung wird die kommunale Selbstverwaltung gestärkt und den Gemeinden und Gemeindeverbänden mehr Entscheidungsfreiheit verschafft. Eventuelle Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte werden im Zuge von separat zu treffenden Vereinbarungen mit den kommunalen Spitzenverbänden diskutiert.


    F. Weitere Kosten

    keine




    Entwurf eines (Titel des Gesetzentwurfes) vom TT.MM.JJJJ


    Der Landestag hat das folgende Gesetz beschlossen:


    Im Sinne der qualitativen Lesbarkeit der Gegenüberstellung finden Sie die Neuregelung im Anhang.




    Begründung


    A. Allgemeiner Teil

    I. Zielsetzung

    Das Klimaschutzgesetz Nordrhein-Westfalen vom 29. Januar 2013 hat erstmals Klimaschutzziele in Nordrhein-Westfalen gesetzlich verankert und die rechtlichen Grundlagen für die Erarbeitung und Umsetzung von Treibhausgasminderungs- und Anpassungsmaßnahmen geschaffen. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes haben sich einige nationale und internationale Rahmenbedingungen substanziell verändert, so dass eine Novellierung des Klimaschutzgesetzes geboten ist. Die Regelungen zur Anpassung an die negativen Folgen des Klimawandels sind mit der Neufassung nicht mehr Bestandteil dieses Gesetzes, sondern sollen in einem separaten Gesetzesvorhaben behandelt werden.


    Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens von Paris im Jahr 2015 hat sich die internationale Staatengemeinschaft das Ziel gesetzt, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf „deutlich unter“ 2° Celsius zu halten und weitere Anstrengungen zu unternehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,5° Celsius zu begrenzen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, so bald wie möglich den weltweiten Scheitelpunkt der Emissionen zu erreichen und danach rasche Emissionssenkungen im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen herbeizuführen, um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts weltweit ein Gleichgewicht zwischen entstehenden Emissionen und deren Abbau herzustellen. Hierbei müssen die Industriestaaten eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einnehmen. Vor diesem Hintergrund verfolgt die Bundesregierung das langfristige Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität bis 2050 und hat im Bundesklimaschutzgesetz ein Treibhausgas-Minderungsziel von minus 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 festgelegt. Auf Ebene der Europäischen Union strebt die EU-Kommission eine Anhebung des Ziels der Treibhausgasemissionsminderung von 40 Prozent bis zum Jahr 2030 gegenüber dem Stand von 1990 an. Als Teil des europäischen „Grünen Deals“ strebt die Kommission an, das EU-Ziel für das Jahr 2030 auf mindestens minus 55 Prozent anzuheben. Als langfristiges Ziel wird auch auf der EU-Ebene die Klimaneutralität bis 2050 ausgegeben. Ein aktuell im Entwurf vorliegendes europäisches Klimaschutzgesetz soll diese Zielsetzungen gesetzlich verankern.


    Die maßgeblichen Gesetzgebungskompetenzen zugunsten des Klimaschutzes, insbesondere zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen aus Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäuden sowie Landwirtschaft liegen damit auf europäischer und Bundesebene. In Nordrhein-Westfalen stammen knapp zwei Drittel der Treibhausgase aus Anlagen, die dem europäischen Markt für Emissionsrechte (EU-ETS) unterliegen. Wie in der bisherigen Praxis sollen den Unternehmen und Anlagenbetreibern in Nordrhein-Westfalen keine über diese EUweiten Regelungen hinausgehenden Bindungen auferlegt werden. Gleichwohl sollen insbesondere die Unternehmen und Anlagenbetreiber, die dem europäischen Emissionshandelssystem unterliegen, von den Angeboten der Landesregierung profitieren und dabei unterstützt werden, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Gleiches gilt entsprechend für die Adressaten des national verbindlichen


    Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) des Bundes. Das nordrhein-westfälische Klimaschutzgesetz soll flankierend und ergänzend zu den nationalen und europäischen Klimaschutzzielen beitragen und hat zudem eine unterstützende Funktion für die klimarelevanten Bereiche in Nordrhein-Westfalen.


    Mit der Neufassung des Klimaschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen und einer Anhebung der Klimaschutzziele auf das im Bundes-Klimaschutzgesetz national festgelegte Niveau von minus 55 Prozent bis zum Jahr 2030 gegenüber dem Jahr 1990 werden für NordrheinWestfalen konsistente Rahmenbedingungen bezüglich der Minderung von Treibhausgasen geschaffen. Zugleich spiegelt diese Ambitionssteigerung das Bekenntnis der nordrheinwestfälischen Landesregierung zum Übereinkommen von Paris wider. Nordrhein-Westfalen übernimmt damit Verantwortung für einen substanziellen Beitrag zur Erreichung der nationalen sowie europäischen Klimaschutzziele bis 2030 und setzt sich zudem langfristig das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050.


    Effektiver Klimaschutz kann ein wichtiges Element sein, um wirtschaftliche Strukturen zu modernisieren. Mit der entsprechenden Unterstützung des Bundes eröffnen sich Chancen für Transformationsprozesse zu modernen Strukturen und Verfahrensweisen, die die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Nordrhein-Westfalen dauerhaft stärken. Entsprechende Maßnahmen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien, zur klimafreundlichen Neuausrichtung des Energiesystems, zur Defossilisierung der Industrie, für eine klimafreundliche Mobilität, nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft sowie einer intensiven Energieforschung können sowohl in Unternehmen als auch in Kommunen zukünftig zu Kosteneinsparungen führen und die Arbeits- und Lebensqualität deutlich erhöhen.


    Klimaschutz ist eine globale Aufgabe. Technologien, Produkte und Dienstleistungen für den Klimaschutz werden weltweit zunehmend nachgefragt. Eine Studie im Auftrag des BDI aus dem Jahr 2018 nennt unter Bezug auf diverse Studien ein weltweites Marktvolumen für entsprechende Produkte und Dienstleistungen bis zum Jahr 2030 von jährlich 1 bis 2 Billionen Euro. Hier bieten sich enorme Chancen, auch und insbesondere für Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen.


    Klimaschutz ist eine Daueraufgabe. Das heißt, die Herausforderung besteht auch darin, kontinuierlich entsprechende klimafreundliche Technologien, Produkte und Dienstleistungen zu erforschen und weiterzuentwickeln. Hier ist Nordrhein-Westfalen mit seiner dichten Forschungs- und Hochschullandschaft gut aufgestellt und kann eine führende Rolle bei klimaschutzrelevanten Innovationen einnehmen. Die schnell voranschreitende Digitalisierung kann hier unterstützen. Innovationsförderung ist deshalb ein wichtiger Treiber für eine erfolgreiche Wirtschaft, die gleichzeitig einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet.


    Mit den hier dargestellten Chancen und Möglichkeiten ist die Klimaschutzpolitik der Landesregierung ein wichtiges Element einer innovationsgetriebenen Modernisierungsstrategie für Nordrhein-Westfalen. Aufgabe einer nachhaltigen Klimaschutzpolitik ist es daher, Unternehmen, Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger durch geeignete Rahmenbedingungen dabei zu unterstützen, die Chancen des Klimaschutzes zu nutzen und Nordrhein-Westfalen als modernen, wettbewerbs- und zukunftsfähigen Standort zu stärken.


    II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfes

    Neufassung des bestehenden Klimaschutzgesetzes NRW

    III. Alternativen

    keine

    V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

    Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland geschlossen hat, vereinbar.

    VI. Gesetzesfolgen

    1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

    Dieses Gesetz dient nicht zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung


    2. Nachhaltigkeitsaspekte

    Die nachhaltige Entwicklung im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie NRW wird durch die Änderung des Gesetzes positiv beeinflusst. Die Änderungen zielen insgesamt auf die Steigerung der Akzeptanz von Klimaschutz und Energiewende ab und tragen dadurch zu einer nachhaltig ausgerichteten Klimaschutzpolitik zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, der Erzeugung von sauberer und bezahlbarer Energie, der Modernisierung von Infrastrukturen und der Industrie, der Förderung von Innovationen sowie der nachhaltig ausgerichteten Erneuerung der Städte und Gemeinden bei.



    3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

    Erläutern.


    4. Erfüllungsaufwand

    Erläutern.


    5. Weitere Kosten

    Erläutern.


    6. Weitere Gesetzesfolgen

    keine


    7. Befristung

    Da die Ziele des Gesetzes zur Verringerung der Treibhausgasemissionen einen Zeithorizont bis zum Jahr 2050 umfassen, ist eine Befristung des Gesetzes nicht zweckmäßig. Deshalb unterliegt dieses Gesetz einer Berichtspflicht. Näheres zu den Berichtspflichten regelt § 10.



    B. Besonderer Teil

    Zu § 1 (oder Artikel 1)

    Zu § 1 (Zweck des Gesetzes)

    In Absatz 1 wird die Verpflichtung nach dem Übereinkommen von Paris, den Anstieg der Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, als Grundlage zur Festsetzung und Erfüllung der Klimaschutzziele des Landes Nordrhein-Westfalen sowie in der Folge zur Einhaltung der nationalen und europäischen Zielvorgaben beizutragen, verdeutlicht.


    Absatz 2 weist als Leitsatz auf die Bedeutung von Klimaschutz als Innovationstreiber hin, durch den die Modernisierung des Wirtschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen unterstützt werden kann.


    Zu § 2 (Anwendungsbereich und Begriffsbestimmung)


    In den Absätzen 1 bis 3 werden die Adressaten des Gesetzes genannt sowie die Begriffsbestimmung zur Einordnung des Begriffs „Treibhausgase“ vorgenommen. Das Gesetz verpflichtet die öffentliche Hand, entfaltet hingegen grundsätzlich keine unmittelbare Rechtswirkung für Private.


    Zu § 3 (Klimaschutzziele)

    Absatz 1 legt für Nordrhein-Westfalen das Klimaschutzziel einer Reduzierung des Treibhausgasausstoßes um mindestens 55 Prozent bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu dem Basisjahr 1990 fest. Die Minderungsbeiträge aus dem europäischen System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten sowie Wirkungsbeiträge und Wechselwirkungen weiterer Instrumente zur Emissionsminderung auf europäischer und Bundesebene finden dabei entsprechende Berücksichtigung. Dieser Ansatz wurde bereits im Klimaschutzgesetz NRW vom 29. Januar 2013 verankert und wird auch in der vorliegenden Neufassung weiterverfolgt.


    Nordrhein-Westfalen verpflichtet sich damit, seinen Beitrag zum gesetzlich verankerten Minderungsziel auf Bundesebene von ebenfalls 55 Prozent bis zum Jahr 2030 zu leisten und zeigt eine im Hinblick auf das Langfristziel in 2050 erforderliche Ambitionssteigerung. Darüber hinaus begünstigt eine frühzeitige Minderung der Emissionen volkswirtschaftlich sinnvolle Transformationspfade und ist im Gegensatz zu einer verzögerten Klimapolitik geeignet, Lockin Effekte und strukturelle Brüche zu vermeiden.


    In Absatz 2 wird für Nordrhein-Westfalen das übergreifende Ziel festgelegt, bis zum Jahr 2050 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Das Klimaschutzziel der Netto-Treibhausgasneutralität bis 2050 (Netto-Null-Emissionen) ist aus der Zielsetzung des Artikel 4 Absatz 1 des Übereinkommens von Paris abzuleiten, in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts weltweit ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen und dem Abbau solcher Gase herzustellen. Den Industriestaaten wie Deutschland und damit auch dem Land Nordrhein-Westfalen als Industrie- und Energiestandort von europaweiter Bedeutung, kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. Das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität erfordert, dass eine erhebliche Minderung der Treibhausgasemissionen um mindestens 95 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 erfolgt. Die dann technologisch-wirtschaftlich nicht mehr vermeidbaren und verbleibenden Treibhausgasemissionen müssen durch den Abbau von Treibhausgasen aus der Atmosphäre ausgeglichen werden. Hier kommen die langfristige Bindung von Treibhausgasen in natürlichen Kohlenstoffsenken insbesondere in den Bereichen der Land- und Forstwirtschaft, „Direct Air Capture“-Verfahren oder weitere Verfahren in Frage, die eine Verwendung als Rohstoff in der Industrie, regional, national und global, ermöglichen. Die Zielsetzungen haben den Charakter eines allgemeinen politischen Handlungsprogramms des Landes. Sie begründen keine subjektiven Rechte und klagbaren Rechtspositionen.


    Zu § 4 (Umsetzung der Klimaschutzziele durch die Landesregierung)


    In Absatz 1 wird die Landesregierung verpflichtet, die ihr zur Verfügung stehenden, insbesondere finanziellen, beratenden und ordnungsrechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um die in § 3 erklärten landesweiten Klimaschutzziele zu erreichen.


    Absatz 2 stellt die große Bedeutung eines verstärkten Ausbaus der Erneuerbaren Energien für die Erreichung der Klimaschutzziele heraus. Diese Bedeutung wurde bereits durch entsprechende Ausbauziele in der Energieversorgungsstrategie Nordrhein-Westfalen konkretisiert. Eine klimaneutrale Gesellschaft erfordert eine nachhaltige Energieversorgung durch Erneuerbare Energien. Zum einen soll die hierdurch entstehende Wertschöpfung und die Schaffung von Arbeitsplätzen möglichst in Nordrhein-Westfalen stattfinden. Zum anderen soll durch einen verstärkten Ausbaupfad bei den Erneuerbaren Energien die Abhängigkeit Nordrhein-Westfalens von Energieimporten soweit wie möglich reduziert werden. Unabhängig davon wird Nordrhein-Westfalen Energieimportland bleiben. Somit ist es erforderlich den Auf- und Ausbau von Infrastrukturen zum Import klimaneutral erzeugter Energieträger in NordrheinWestfalen vorzubereiten. Sowohl zur Unterstützung eines schnellen Markthochlaufs für Wasserstoff und den damit verbundenen kurz- und mittelfristigen Treibhausgasminderungen, als auch um mittel- bis langfristig aus erneuerbaren Energien produzierten Wasserstoff in ausreichender Menge zur Verfügung stellen zu können, ist der Import von Wasserstoff und der Aufbau der dafür erforderlichen Infrastruktur unerlässlich. Die Wasserstoffstrategie für ein klimaneutrales Europa der Europäischen Union avisiert einen wettbewerbsfähigen EUWasserstoffmarkt mit ungehindertem grenzüberschreitenden Handel ab 2030, daher ist die Vorbereitung der hiesigen Infrastrukturen und Nachfrage entscheidend.


    Absatz 3 hebt neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien die Bedeutung der weiteren notwendigen Maßnahmen zur Steigerung des Ressourcenschutzes, der Ressourcen- und Energieeffizienz, der Energieeinsparung, der Nutzung von Flexibilisierungsoptionen und der Sektorenkopplung für die Verringerung und Bindung der Treibhausgasemissionen in Nordrhein-Westfalen hervor. Hierbei gilt es auch, landesspezifische Gegebenheiten zu berücksichtigen, wie die Nutzung von Grubengasen oder die Potentiale der Tiefengeothermie. Absatz 4 regelt, dass die Landesregierung die entsprechenden Maßnahmen in Absatz 2 und 3 unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit, der Versorgungssicherheit und der Umweltverträglichkeit umsetzt und dabei auf die nötige Akzeptanzsicherung achtet. Absatz 5 konkretisiert die Handlungsfelder für die in Absatz 2 und 3 genannten Maßnahmen anhand der in Nordrhein-Westfalen wesentlichen klimarelevanten Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Mobilität, Gebäude und Land- und Forstwirtschaft. Schwerpunkte für die Entwicklung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen liegen im Bereich eines zukünftigen, klimafreundlichen Energieversorgungssystems, einer klimaneutral wirtschaftenden Industrie einschließlich Kreislaufwirtschaft, eines klima- und emissionsfreien Mobilitätssektors, eines langfristig klimaneutralen Gebäudebestands sowie einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft. Die genannten Handlungsfelder sind essenziell für die Erreichung der Klimaschutzziele nach § 3. Die Landesregierung soll insbesondere in diesen Bereichen entsprechende Forschung und Entwicklung sowie die Implementierung von Innovationen unterstützen und setzt verstärkt auf die Chancen und Potenziale einer voranschreitenden Digitalisierung, um eine weitere Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Treibhausgasemissionen zu erreichen. Die von der Landesregierung geförderte Initiative In4Climate ermöglicht es Industrie, Wissenschaft und Politik, zusammen innovative Strategien für eine klimaneutrale Industrie zu erarbeiten. Dies ist nur in enger Zusammenarbeit der genannten Akteure und unter Einbindung der Öffentlichkeit erreichbar, da die wettbewerbsfähige Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Industrie, welche die für die Transformation erforderlichen Technologiesprünge gestattet, ausschließlich mithilfe geeigneter politischer Rahmenbedingungen und breiter gesellschaftlicher Akzeptanz möglich wird. Dahinter steht die klima- und wirtschaftspolitische Notwendigkeit, Nordrhein-Westfalen zum modernsten und umweltfreundlichsten Wirtschaftsstandort Europas zu machen. Zuletzt wird die Bedeutung des Verständnisses der Bevölkerung für Klimaschutz hervorgehoben und dessen Förderung durch Bildung, Ausbildung, Information, Beratung und Motivation festgeschrieben.


    Absatz 6 vertieft die Verpflichtung und Vorbildfunktion der Landesregierung hinsichtlich des landesweiten Klimaschutzes und verlangt ein gemeinschaftliches und gleichgerichtetes Handeln. Daher trägt die Landesregierung Verantwortung für die Umsetzung der Ziele und für eine konsequente und kohärente Klimaschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen. Hierzu ist ein aufeinander abgestimmtes Handeln der Landesregierung erforderlich. Es soll gewährleistet sein, dass neue Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sowie die Verwendung von Fördermitteln des Landes die Ziele dieses Gesetzes unterstützen und ihnen nicht entgegenstehen.


    Zu § 5 (Klimaschutz durch andere öffentliche Stellen)


    Absatz 1 weist auf die Vorbildfunktion der anderen öffentlichen Stellen, die nicht der Landesregierung angehören und nicht gemäß § 7 von der Klimaneutralen Landesverwaltung umfasst sind, bei der Erreichung der Klimaschutzziele hin. Die Regelung normiert keine materiell-rechtliche Anforderung zur spezifischen Reduktion von Treibhausgasen, welche seitens öffentlicher Stellen bei Entscheidungen über Vorhabenzulassungen oder –planungen zu beachten wäre.


    Absatz 2 hebt die besondere Bedeutung der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der Hochschulen in Trägerschaft des Landes hervor. Die Gemeinden und Gemeindeverbändeübernehmen eine Schlüsselrolle bei der Energiewende und beim Klimaschutz. Vor Ort in den Städten, Gemeinden und Kreisen wird Klimaschutz konkret. Die Gemeinden und Gemeinverbände wirken im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auf die Minderung der Treibhausgase hin und erfüllen damit ihre Vorbildfunktion in eigener Verantwortung. Die Landesregierung wird sie dabei auch weiterhin mit vielfältigen Angeboten unterstützen. Bei einem großen Teil der landeseigenen Liegenschaften handelt es sich um Hochschulliegenschaften, so dass auch den Hochschulen in Trägerschaft des Landes eine gewichtige Rolle bei der Erreichung der Klimaschutzziele in Nordrhein-Westfalen zukommt. Die Hochschulen in Trägerschaft des Landes nehmen ihre Vorbildfunktion bereits wahr.


    Zu § 6 (Klimaschutzaudit)


    § 6 regelt die Durchführung eines Klimaschutzaudits durch die Landesregierung. Das Klimaschutzaudit soll in einem Managementprozess die kontinuierliche Optimierung der Strategien und Maßnahmen der Landesregierung sowie die effiziente Erreichung der Klimaschutzziele nach § 3 begleiten und als Hilfestellung und Treiber einer Modernisierung in allen klimarelevanten Sektoren dienen. Die jeweils fachlich zuständigen Ressorts in den klimarelevanten Sektoren sind eigenständig dafür verantwortlich, notwendige Strategien und Maßnahmen zu entwickeln, um Treibhausgase zu mindern und die für eine Auditierung geeigneten Maßnahmen zu melden. Das Klimaschutzaudit erfasst diese Maßnahmen in regelmäßigen Abständen und überprüft sie auf ihre Wirksamkeit und Effizienz. Falls ein Nachbesserungsbedarf festgestellt wird, sollen Hinweise zur Entwicklung oder Modifikation von Strategien und Maßnahmen gegeben werden.


    Zu § 7 (Klimaneutrale Landesverwaltung


    Bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen wirkt die Landesverwaltung als Impulsgeberin für Kommunen, Unternehmen sowie für die Bürgerinnen und Bürger. Wie die Bundesregierung und die meisten anderen Bundesländer arbeitet auch die Landesregierung Nordrhein-Westfalen ambitioniert darauf hin, das Handeln ihrer Verwaltung klimaneutral zu gestalten. Dazu verfolgt die Landesregierung das Ziel, für die in § 7 genannten Institutionen bis zum Jahr 2030 eine klimaneutrale Bilanz vorzulegen. Die Landesverwaltung ist klimaneutral, wenn sie keine Treibhausgase ausstößt oder wenn die von ihr ausgestoßenen Treibhausgase an anderer Stelle eingespart werden. Die klimaneutrale Bilanz der Landesverwaltung soll insbesondere durch eine tatsächliche Reduktion der Treibhausgasemissionen erreicht werden, das heißt durch Energieeinsparung, Steigerung der Ressourcen- und Energieeffizienz und die Deckung des Energiebedarfs durch erneuerbare Energien. Im Gebäudebereich ist die Erfüllung der klimapolitischen Anforderungen besonders bedeutend, da die Gebäude den Großteil der CO2-Emissionen verursachen. Die klimapolitischen Anforderungen an die durch die Landesverwaltung genutzten Liegenschaften werden durch ressortabgestimmte Erlasse festgelegt. In ihrem Fuhrpark setzt die Landesverwaltung am Markt verfügbare klimagerechte Antriebstechnologien ein und gibt Impulse für die technische Weiterentwicklung. So soll erreicht werden, dass 2030 möglichst alle Fahrzeuge mit einem klimagerechten Antrieb ausgestattet sind. Mit der Umsetzung der Klimaneutralen Landesverwaltung NRW will die Landesregierung zudem ihre Energiekosten senken. Durch energieeffiziente zukunftsweisende Gebäude, Modelle der mobilen Arbeit, neuartige Mobilitätsangebote, Fahrzeuge mit alternativen Antriebsarten, innovative technische Lösungen für Gebäude, klimagerechtes Nutzerverhalten und durch die Digitalisierung von Abläufen gibt sie vielfältige Impulse für die Modernisierung der Verwaltung. Die Klimaneutrale Landesverwaltung NRW ist ein Gemeinschaftsprojekt aller Ressorts. Dazu sind die genauen Kenntnisse der Verantwortlichen vor Ort, eine passgenaue Maßnahmenerarbeitung und umsetzung sowie eine zielorientierte Umsetzungskontrolle in den Geschäftsbereichen der Ressorts erforderlich.


    Bei der Umsetzung der Klimaneutralität der Landesverwaltung wird die neue Energie- und Klimaschutzagentur inhaltliche Aufgaben übernehmen, um die Klimaneutralität in den rund 540 Behörden und sonstigen Institutionen der Landesverwaltung zu realisieren. Die Ressorts werden darüber hinaus durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützt.


    Zu § 8 (Aufgaben des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz)


    Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen nimmt als Landesoberbehörde bereits jetzt diverse Aufgaben auf dem Gebiet des Klimaschutzes wahr. Beispielsweise unterstützt es die Landesregierung durch die Bilanzierung der Treibhausgasemissionen im Rahmen des jährlichen Treibhausgas- Emissionsinventars. Letzteres dient darüber hinaus auch als Grundlage für die Berichterstattung nach den Vorgaben des Intergovernmental Panel on Climate Change. Außerdem erfasst und dokumentiert das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz im Rahmen des Energie Atlas Nordrhein-Westfalen den Ausbaustand der Erneuerbaren Energien und unterstützt den weiteren Ausbau unter anderem durch die Erstellung von Potentialstudien zu den einzelnen Formen der erneuerbaren Energien.


    Zu § 9 (Beirat)


    § 9 regelt die Einsetzung eines Gremiums, welches die Landesregierung bei der Ausgestaltung ihrer Klimapolitik beratend unterstützt. Dadurch wird einem größeren Kreis von Vertreterinnen und Vertretern aus relevanten gesellschaftlichen und verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen des Landes ermöglicht, sich regelmäßig mit der Landesregierung zum Thema Klimaschutz auszutauschen. Dieses Gremium existiert bereits.


    Es hat sich unter dem Namen „Beirat KlimaAudit.NRW“ konstituiert und soll in „Beirat Klimaschutz.NRW“ umbenannt und ergänzt werden. Durch die Regelung des § 8 wird das Gremium in seiner Bedeutung gestärkt. Der im Klimaschutzgesetz Nordrhein-Westfalen, in der Fassung vom 29.01.2013, in § 9 geregelte „Sachverständigenrat Klimaschutz NordrheinWestfalen“ entfällt.


    Zu § 10 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten, Berichtspflicht)


    § 10 regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes, das Außerkrafttreten des Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes in Nordrein-Westfalen vom 29.01.2013 sowie die Berichtspflicht der Landesregierung gegenüber dem Landtag über die Erfahrungen mit diesem Gesetz, insbesondere zur Erreichung der Klimaschutzziele nach § 3 und den Ergebnissen des Klimaschutzaudits nach § 6.



    Im Namen der Landesregierung

    Hobert Rabeck,
    stellv. Ministerpräsident,
    Landesminister für Umwelt und Energie

  • Hobert Rabeck

    Hat das Label Gesetzentwurf hinzugefügt.
  • Hendrik Heinemeier

    Hat das Label von Gesetzentwurf auf Im Ausschuss geändert.
  • LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN Drucksache 3/014
    3. Wahlperiode 14.05.2021


    Beschlussempfehlung

    des Ausschusses für Gemeinwesen

    zum dem Entwurf eines Gesetz zur Neufassung des Klimaschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen


    A. Beratungsverlauf

    Nach einem Redebeitrag von Hobert Rabeck wurde die Annahme des Gesetzentwurfs einstimmig empfohlen.

    B. Änderungsvorschläge

    Keine.

    C. Alternativen

    Keine.


    Beschlussempfehlung

    Der Landtag wolle beschließen,

    den Gesetzentwurf anzunehmen.


    Düsseldorf, der 14.05.2021


    Der Ausschuss für Gemeinwesen

    Hendrik Heinemeier, Landtagspräsident

  • Hendrik Heinemeier

    Hat das Label von Im Ausschuss auf Angenommen geändert.