Bundesrat | Drucksache 054/05.2021 |
11.05.2021 |
Gesetzentwurf
der Bundesregierung und der Linksfraktion
Gesetzesentwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetze
A. Problem und Ziel
In Deutschland nehmen Millionen Menschen bei kleineren Beschwerden, wie etwa einer
Grippe, häufig sogenannte homöopathische Arzneimittel. Dies sind Arzneimittel, die nach
den veröffentlichten Vorstellungen des deutschen Arztes Samuel Hahnemann hergestellt
wurden. Dabei gilt bei der Auswahl des Wirkstoffes u.a. der Grundsatz “Ähnliches heilt
Ähnliches”. Eine Arsenvergiftung beispielsweise verursacht unter anderem Durchfall.
Arsenicum album oder weißes Arsenik, chemisch As2O3(Arsen(III)-oxid) wird deshalb von
Homöopathen unter anderem gegen Durchfall eingesetzt. Da reines Arsen(III)-oxid
hochtoxisch ist, wird die Wirksubstanz (hier Arsen(III)-oxid) verdünnt (unter Homöopathen
“potenzieren” genannt). Nach den Lehren von Samuel Hahnemann wird dazu ein Teil
Wirksubstanz in 99 Teile Wasser oder Alkohol gegeben. Die fertige Lösung wird dann auf
eine weiche Unterlage geschlagen. Dies entspricht einer C1-Potenz. Der Wirkstoff ist nun im
Verhältnis 1:100 in der C1-Lösung. Nun wird ein Teil der C1-Potenz in weitere 99 Teile
Wasser gegeben und erneut aufgeschlagen. Dies entspricht einer C2-Potenz. Der Wirkstoff
ist nun im Verhältnis 1: 10.000 in der fertigen Lösung. Diese Potenzierung wird nun bis zur
üblichen Potenz C30 fortgesetzt. Bereits in einer Lösung mit der Potenz C4 ist der Wirkstoff
im Verhältnis von 1:100.000.000 (oder 1:10
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) in der C4-Lösung vorhanden. Dies entspricht in
etwa dem Grenzwert von Arsen im Trinkwasser oder einem Tropfen Wirkflüssigkeit auf 5000
Liter Wasser bzw. rund 25 gefüllten Badewannen. Ab einer Potenz von C12 wird rein
rechnerisch nur noch Wasser mit Wasser vermischt. Eine übliche C30-Potenz entspricht
dabei ein einzelnes Molekül auf eine Wasserkugel mit einem Durchmesser von 150 Millionen
Kilometern. Dies entspricht dem Abstand von der Erde zur Sonne. Nach der Potenzierung
wird die Lösung nun auf Zuckerkügelchen aufgebracht, in kleine Fläschchen (10 g) abgefüllt
und anschließend für etwa 80 bis 90 Euro pro 100 Gramm verkauft.
Der Wirkstoff kann es also nicht sein, der in der Homöopathie die Krankheiten heilt. In der
Homöopathie geht man davon aus, dass durch die Schläge nach jeder
Verdünnung/Potenzierung Informationen des Wirkstoffes und damit seine Heilkraft an das
Lösungsmittel (das Wasser) übertragen wird. Wie und warum sich allerdings das Wasser nur
hochselektiv die “guten” Informationen merkt und nicht etwa die negativen, “hochgiftig” etwa,
ist nicht geklärt.
Um die Verbraucher besser vor Arzneimitteln zu schützen, muss künftig bei der Zulassung
eines homöopathischen Arzneimittels, wie bei jedem normalen Medikament auch, nun auch
ein Nachweis der Wirksamkeit über den Placeboeffekt hinaus in einer doppelverblindeten,
placebokontrollierten Studie erbracht werden.
B. Lösung
Da sich die Bundesregierung und die Linksfraktion für einen besseren Verbraucherschutz
einsetzten, soll künftig die Wirkung homöopathischer Arzneimittel durch Doppelblindstudien
überprüft werden. Denn nur so kann eine tatsächliche Wirkung wissenschaftlich bewiesen
und so das Mittel dann zugelassen werden.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
2019 wurde mit homöopathischen Mitteln ein Umsatz von 570 Millionen Euro erzielt. Jedoch
können einige dieser Substanzen, wenn sie der Arzt verschreibt, von der Umsatzsteuer
abgesetzt werden. Aus diesem Grund würden dem Bundeshaushalt ca. 60 Millionen Euro
fehlen.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger
keiner
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
keiner
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
keiner
F. Weitere Kosten
Keine
Gesetzesentwurf zur Änderung des Arzneimittelgesetze vom TT.MM.JJJJ
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Änderung des Artikel 25 des Arzneimittelgesetzes
§ 25 (5b) wird gestrichen.
Änderung des Artikel 39 des Arzneimittelgesetzes
§ 39 (2) wird folgende Nummer 10 hinzugefügt:
“10. das Arzneimittel in einer randomisierten, placebokontrollierte Doppelblindstudie keine
Wirksamkeit über den Placeboeffekt hinaus nachweisen konnte.”
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung
Der Verbraucher soll künftig besser vor Arzneimitteln geschützt werden, die keinen
Nachweis über die Wirksamkeit über den Placeboeffekt hinaus erbringen können und somit
keine medizinisch wirksamen Arzneimittel sind.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfes
Änderung Artikel 25 Arzneimittelgesetz, sowie Artikel 39
III. Alternativen
Keine
IV. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz liegt beim Bund.
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland geschlossen hat, vereinbar.
VI. Gesetzesfolgen
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Dieses Gesetz dient nicht zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Keine, es handelt sich um formelles Recht
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die voraussichtlichen Mindereinnahmen belaufen sich 60 Millionen Euro.
4. Erfüllungsaufwand
Keiner
5. Weitere Kosten
Keine
6. Weitere Gesetzesfolgen
Gibt es Nebenfolgen? Wenn ja, bitte erläutern.
7. Befristung
Das Gesetz ist nicht befristet
8. Zustimmungspflicht des Bundesrates
Das Gesetz untersteht nicht der Zustimmungspflicht des Bundesrates.
Grundlage dazu bildet § 74 Absatz 1, Satz 26.
B. Besonderer Teil
Streichung des Artikel 25 Absatz 5b
Die zuständige Bundesbehörde soll zukünftig bei Arzneimitteln, die nach einer
homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt wurden, wie bei klassischen Arzneimitteln
einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit
und Wirksamkeit erstellen und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von
pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen sowie klinischen Prüfungen sowie bei
Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, auch zum
Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab.
Änderung Artikel 39
Zum Schutz der Verbraucher sollen künftig auch homöopathische Mittel, wie jedes
klassische Arzneimittel auch seine Wirksamkeit über den Placeboeffekt hinaus in einer
randomisierten, placebokontrollierte Doppelblindstudie beweisen. Solche Studien gelten als
Goldstandard in der Wissenschaft.
Berlin 11.5.2021