§ 93 Finanzvorlagen
(1) Finanzvorlagen sind alle Vorlagen, die wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung oder ihres
finanziellen Umfangs geeignet sind, auf die öffentlichen Finanzen des Bundes oder der
Länder erheblich einzuwirken und die nicht Haushaltsvorlagen im Sinne des § 92 sind. Bei
Zweifeln über den Charakter der Vorlagen entscheidet der Bundestag nach Anhörung des
Haushaltsausschusses.
(2) Finanzvorlagen werden nach der ersten Beratung dem Haushaltsausschuss und dem
Fachausschuss überwiesen. Werden Gesetzentwürfe durch die Annahme eines
Änderungsantrags im Ausschuss zu Finanzvorlagen, hat der Ausschuss den Präsidenten
hiervon in Kenntnis zu setzen. Dieser überweist die vom Ausschuss beschlossene Fassung
dem Haushaltsausschuss; die Überweisung kann mit einer Fristsetzung verbunden sein.
(3) Finanzvorlagen von Mitgliedern des Bundestages müssen in der Begründung die
finanziellen Auswirkungen darlegen. Der Präsident gibt der Bundesregierung Gelegenheit,
innerhalb von vier Wochen zu den Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen des Bundes
und der Länder Stellung zu nehmen. Der Bericht des Haushaltsausschusses darf erst nach
Eingang der Stellungnahme der Bundesregierung oder nach vier Wochen auf die
Tagesordnung gesetzt werden.
(4) Soweit die Finanzvorlage auf die öffentlichen Finanzen des Bundes einwirkt, prüft der
Haushaltsausschuss ihre Vereinbarkeit mit dem laufenden Haushalt und künftigen
Haushalten. Ergibt die Prüfung des Haushaltsausschusses, dass die Vorlage Auswirkungen
auf den laufenden Haushalt hat, legt er zugleich mit dem Bericht an den Bundestag einen
Vorschlag zur Deckung der Mindereinnahmen oder Mehrausgaben vor; hat sie Auswirkungen
auf die künftigen Haushalte, äußert sich der Haushaltsausschuss in seinem Bericht zu den
Möglichkeiten künftiger Deckung. Hat die Bundesregierung zu der Vorlage Stellung
genommen, äußert sich der Haushaltsausschuss in seinem Bericht zu dieser Stellungnahme.
Kann der Haushaltsausschuss keinen Deckungsvorschlag machen, wird die Vorlage dem
Bundestag vorgelegt, der nach Begründung durch einen Antragsteller lediglich über die
Möglichkeit einer Deckung berät und beschließt. Wird die Möglichkeit zur Deckung auch
vom Bundestag verneint, gilt die Vorlage als erledigt.
(5) Soweit die Finanzvorlage auf die öffentlichen Finanzen der Länder einwirkt, teilt der
Haushaltsausschuss in seinem Bericht Art und Umfang der Einwirkungen mit.
(6) Ergibt der Bericht des Haushaltsausschusses, dass Mitglieder oder Beauftragte der
Bundesregierung Bedenken gegen die finanziellen Auswirkungen der Vorlage, der Beschlüsse
des federführenden Ausschusses oder des Deckungsvorschlages erheben, gibt der Präsident
der Bundesregierung Gelegenheit zur Stellungnahme, soweit diese nicht bereits vorliegt. In
diesem Fall kann der Bericht erst nach Eingang der Stellungnahme oder nach vier Wochen
auf die Tagesordnung gesetzt werden. Hat die Bundesregierung Stellung genommen, soll der
Haushaltsausschuss sich zu dieser Stellungnahme dem Bundestag gegenüber äußern.
(7) Werden in der zweiten Beratung Änderungen mit finanziellen Auswirkungen von
grundsätzlicher Bedeutung oder erheblichem finanziellen Umfang beschlossen, erfolgt die
dritte Beratung - nach vorheriger Beratung im Haushaltsausschuss - erst in der zweiten Woche
nach der Beschlussfassung.
(8) Berichte des Haushaltsausschusses, die einen Deckungsvorschlag enthalten, können ohne
Einhaltung der für die zweite Beratung von Gesetzentwürfen vorgeschriebenen Frist (§ 78
Abs. 1 Satz 2) beraten werden. Für Berichte, die keinen Deckungsvorschlag enthalten, kann
die für die zweite Beratung vorgeschriebene Frist weder verkürzt noch aufgehoben werden, es
sei denn, dass der Bundestag beschließt, gemäß § 77 Abs. 2 zu verfahren.