DS 3/21 Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der UNMISS Mission der Vereinten Nationen in der Republik Südsudan

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Manfred Klausbrück

  • Deutscher Bundestag Drucksache 3/21
    3. Wahlperiode 09.03.2021



    Antrag

    der Bundesregierung


    Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der UNMISS Mission der Vereinten Nationen in der Republik Südsudan



    Der Bundestag wolle beschließen:


    1. Der Bundestag stimmt dem Vorschlag des geschäftsführenden Verteidigungsministers zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Mission der Vereinten Nationen in der Republik Südsudan zu.




    2. Völker- und verfassungsrechtliche Grundlagen:


    Die deutschen Streitkräfte handeln bei ihrem Einsatz als Teil der Mission der Vereinten Nationen in der Republik Südsudan (United Nations Mission in the Republic of South Sudan – UNMISS) auf Grundlage der Resolution 1996 (2011) vom 8. Juli 2011 und den Folgeresolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, zuletzt Resolution 2514 (2020) vom 12. März 2020, und somit im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Artikels 24 Absatz 2 des Grundgesetzes.




    3. Nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen ist UNMISS autorisiert, alle erforderlichen Mittel einzusetzen, um die folgenden Aufgaben wahrzunehmen:


    a) Schutz von Zivilpersonen:


    • Schutz von Zivilpersonen, denen körperliche Gewalt droht;


    • Abschreckung von Gewalt gegen Zivilpersonen;


    • Umsetzung einer missionsweiten Frühwarnstrategie;


    •Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit an den von UNMISS eingerichteten Schutzorten für die Zivilbevölkerung;


    • Abschreckung und Verhütung von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt;


    • Leistung von Guten Diensten, Vertrauensbildung und Moderation zur Unterstützung der Schutzstrategie der Mission, insbesondere für Frauen und Kinder;


    • Förderung eines sicheren Umfelds für die sichere, informierte, freiwillige und menschenwürdige Rückkehr, Umsiedlung oder Integration von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen; auch in Abstimmung mit den humanitären Akteuren und anderen maßgeblichen Interessenträgern;




    b) Schaffung förderlicher Bedingungen für die Bereitstellung humanitärer Hilfe:


    • Schaffung von Sicherheitsbedingungen für die Bereitstellung humanitärer Hilfe, von Sicherheit und Bewegungsfreiheit von Personal der Vereinten Nationen sowie der Sicherheit der Anlagen der Vereinten Nationen und Ausrüstung.


    c) Unterstützung der Umsetzung des Friedensabkommens und des Friedensprozesses:


    • Unterstützung des Friedensprozesses durch Gute Dienste einschließlich Beratung und technischer Hilfe;


    • Mitwirkung am Mechanismus zur Überwachung und Verifikation der Waffenruhe und der Übergangssicherheitsbestimmungen;


    • aktive Mitwirkung an der rekonstituierten gemeinsamen Überwachungs- und Evaluierungskommission und an anderen Implementierungsmechanismen.


    d) Beobachtungs- und Untersuchungstätigkeit auf dem Gebiet der Menschenrechte:


    • Beobachtung, Untersuchung, Verifizierung und Berichterstattung zu Menschenrechtsübergriffen und -verletzungen sowie Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht, zu an Kindern und Frauen begangenen Rechtsverletzungen und Missbrauchshandlungen, darunter konfliktbezogene sexuelle Gewalt sowie zu Fällen von Hassreden und Aufstachelung zu Gewalt;


    • Abstimmung, Informationsaustausch mit und technische Unterstützung für weitere internationale, regionale und nationale Mechanismen, die Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht und Menschenrechtsverletzungen behandeln.


    e) Zu den mandatierten Aufgaben gehört die Verantwortung von UNMISS zur Herstellung eines sicheren Umfelds in Dschuba und bei Bedarf in anderen Teilen Südsudans durch Einsatz aller erforderlichen Mittel, einschließlich robusten Vorgehens und erforderlichenfalls aktiver Patrouillentätigkeit, um


    • Bewegungsfreiheit nach, aus und innerhalb Dschubas zu ermöglichen, den Flughafen und andere Schlüsseleinrichtungen in Dschuba zu schützen, die für das Wohlergehen der Bevölkerung in Dschuba unverzichtbar sind, und


    • gegen Akteure einzuschreiten, die Angriffe gegen Schutzorte der Vereinten Nationen, andere Einrichtungen der Vereinten Nationen oder Personal der Vereinten Nationen, humanitäre Akteure oder Zivilisten vorbereiten oder durchführen.


    Dies schließt die Anwendung militärischer Gewalt im Rahmen der erlassenen Einsatzregeln ein.




    4. Aufgaben:


    Für die beteiligten Kräfte der deutschen Bundeswehr ergeben sich folgende Aufgaben:


    • Wahrnehmung von Führungs-, Verbindungs-, Beratungs-, Beobachtungs- und Unterstützungsaufgaben;


    • Hilfe bei technischer Ausrüstung und Ausbildung truppenstellender Nationen sowie für die Vereinten Nationen.




    5. Einzusetzende Kräfte und Fähigkeiten Für die deutsche Beteiligung an UNMISS werden folgende Kräfte und Fähigkeiten bereitgestellt:


    • Einzelpersonal zur Verwendung in den für die Friedensmission in Südsudan gebildeten Stäben und Hauptquartieren;


    • Experten zur Wahrnehmung von Verbindungs-, Beratungs-, Beobachtungs- und Unterstützungsaufgaben;


    • technische Ausrüstungshilfe und Ausbildungshilfe für truppenstellende Nationen sowie für die Vereinten Nationen;


    • Eigensicherung und Nothilfe.




    6. Ermächtigung zum Einsatz und zur Dauer des Einsatzes


    Der Bundesminister der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Auswärtigen auf Grundlage der Resolution 1996 (2011) und den Folgeresolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, zuletzt Resolution 2514 (2020), als deutsche Beteiligung an UNMISS die hierfür genannten Fähigkeiten einzusetzen, solange eine Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages vorliegen, längstens jedoch bis zum 31. März 2022.




    7. Status und Rechte Status und Rechte der eingesetzten Kräfte richten sich nach


    • den Bestimmungen der Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Einrichtung der Friedensmission in Südsudan,


    • dem zwischen den Vereinten Nationen und dem Südsudan am 8. August 2011 geschlossenen Truppenstationierungsabkommen sowie


    • dem allgemeinen Völkerrecht.


    Die eingesetzten Kräfte haben zur Durchsetzung ihrer Aufträge auch das Recht zur Anwendung von militärischer Gewalt. Die Anwendung militärischer Gewalt durch deutsche Einsatzkräfte erfolgt auf der Grundlage des Völkerrechts und wird durch die geltenden Einsatzregeln spezifiziert.


    Das umfasst auch den Einsatz militärischer Gewalt zum Schutz eigener Kräfte, anderer UNMISS-Kräfte sowie zur Nothilfe. Das Recht zur individuellen Selbstverteidigung bleibt unberührt.




    8. Einsatzgebiet


    Das mandatierte Gebiet umfasst das Staatsgebiet des Südsudans.


    Andere geographische Räume können mit Zustimmung des jeweiligen Staates zu Zwecken des Zugangs und der Versorgung genutzt werden.


    Liegenschaften der Vereinten Nationen in der Region können im Rahmen der für die Friedensmission in Südsudan auszuführenden Aufgaben genutzt werden.




    9. Personaleinsatz


    Es können bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden.


    Für Phasen der Verlegung und Rückverlegung sowie im Rahmen von Kontingentwechseln und in Notsituationen darf die Personalobergrenze vorübergehend überschritten werden.


    Es können alle Angehörigen der Bundeswehr eingesetzt werden. Deutsche Soldatinnen und Soldaten, die im Rahmen von Austauschprogrammen bei den Streitkräften anderer Nationen dienen, verbleiben in ihrer Verwendung und nehmen auf Ersuchen der Gastnation in den Grenzen der für deutsche Soldatinnen und Soldaten geltenden rechtlichen Bindungen an Einsätzen derer Streitkräfte an der Friedensmission in Südsudan teil.


    Bei dem Einsatz der Bundeswehr handelt es sich um eine besondere Auslandsverwendung im Sinne von § 56 des Bundesbesoldungsgesetzes und § 63c des Soldatenversorgungsgesetzes.




    10. Kosten und Finanzierung


    Die einsatzbedingten Zusatzausgaben für die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an UNMISS werden für den Zeitraum 1. April 2021 bis 31. März 2022 voraussichtlich insgesamt rund 1 Million Euro betragen und aus Einzelplan 14 Kapitel 1401 Titelgruppe 08 bestritten. Hiervon entfallen auf das Haushaltsjahr 2021 rund 0,75 Millionen Euro und auf das Haushaltsjahr 2022 rund 0,25 Millionen Euro. Für die einsatzbedingten Zusatzausgaben wurde im Bundeshaushalt 2021 und wird im Rahmen der Aufstellung des Regierungsentwurfs des Bundeshaushalts 2022 jeweils im Einzelplan 14 Vorsorge getroffen.





    Begründung:


    1. Politische Lage und Rahmenbedingungen:


    Der Südsudan bleibt auf intensive Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft angewiesen. Es ist im deutschen Interesse, Lösungswege für eine der größten humanitären Krisen weltweit zu suchen und an der Stabilisierung der Region am Horn von Afrika mitzuwirken. Deutschland trägt mit einem integrierten und umfassenden Ansatz und in enger Abstimmung mit den Vereinten Nationen und anderen internationalen Partnern zur Stabilisierung Südsudans und der Region bei. Die Beteiligung an UNMISS ist Teil dieser Bemühungen um nachhaltige Konfliktbewältigung und Friedensförderung, die den Zielsetzungen der Afrikapolitischen Leitlinien von 2019 und der 2017 in Kraft getretenen Leitlinien der Bundesregierung „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ entsprechen.


    Am 12. September 2018 haben die wichtigsten Bürgerkriegsparteien unter Vermittlung der ostafrikanischen Regionalorganisation IGAD (Intergovernmental Authority on Development) mit dem „Revitalised Agreement on the Resolution of the Conflict in the Republic of South Sudan“ (R-ARCSS) ein Friedensabkommen geschlossen. Es wurde von Präsident Salva Kiir, dem wichtigsten Rebellenführer, ehemaligen Vizepräsidenten und heutigen ersten Vizepräsidenten, Dr. Riek Machar sowie weiteren Parteien unterzeichnet. Dieses Abkommen soll in mehreren Schritten zu Wahlen drei Jahre nach der Bildung einer Übergangsregierung führen. Bei der Umsetzung ist es zu Verzögerungen gekommen. Nach langem Dissens in zentralen Sachfragen wurde im Februar/März 2020 eine Übergangsregierung unter Staatspräsident Kiir und erstem Vizepräsidenten Dr. Machar gebildet. Außerdem gelang eine Einigung auf die Anzahl von zehn Bundesstaaten. In der Folge kam es erneut zu Verzögerungen, insbesondere bei der Ernennung des Gouverneurs des Bundesstaats Upper Nile, bei der Neubildung des Parlaments und der Ernennung von Funktionsträgern unterhalb der Ebene der Gouverneure. Weitere Verzögerungen, auch für den Wahltermin, sind nicht auszuschließen.


    Zwischen den Parteien des Friedensabkommens ist weiterhin die Reform des Sicherheitssektors umstritten. Dies betrifft hauptsächlich die Vereinigung der Sicherheitskräfte. Diese sollen 83.000 Personen umfassen, davon 29.000 in den neuen Streitkräften, der Rest in Geheimdienst, Justiz, Polizei, Feuerwehr und Wildschutz. Zur Vorbereitung dieses Schrittes wurden Truppen der Parteien des Friedensabkommens in Kantonierungslagern und Trainingszentren untergebracht. Der Prozess begegnet politischen und logistischen Schwierigkeiten; so ist die Versorgung in den Einrichtungen vielfach sehr unzureichend. Da es ungefähr doppelt so viele Sicherheitskräfte im Land gibt, wie für die vereinigten Sicherheitskräfte aktuell vorgesehen, wird die Demobilisierung und Wiedereingliederung der nicht benötigten Kräfte eine Herausforderung. Zugleich halten Regierung und ehemalige Opposition insbesondere ihre jeweiligen Elitekräfte bisher zurück und scheuen die Vereinigung der Kommandostrukturen.


    Die Schwierigkeiten bei der Implementierung des Friedensabkommens ändern nichts an der Tatsache, dass das Abkommen aus Sicht der Bundesregierung und der internationalen Gemeinschaft der zentrale Ansatzpunkt für einen nachhaltigen Friedensprozess bleibt. Die internationale Gemeinschaft drängt auf die Einbeziehung aller für eine nachhaltige Konfliktlösung zu beteiligenden Gruppen, insbesondere durch die Umsetzung der Agenda Frauen, Frieden, Sicherheit und die Einbeziehung der Zivilgesellschaft.


    Nach Abschluss des Friedensabkommens von 2018 kam es zu einer gewissen Beruhigung der politisch motivierten Gewalt im Lande. Außerdem bekennen sich die Konfliktparteien weiterhin zum Waffenstillstand, dem im Januar 2020 auch die Nichtunterzeichner des Friedensabkommens ausdrücklich beigetreten sind, auch wenn es immer wieder Verletzungen dieser Waffenruhe gibt. Die Übergänge zwischen krimineller und politischer Gewalt, häufig ethnisch konnotiert und aufgeladen, sind fließend.


    Die Sicherheitslage bleibt fragil und wird ferner durch eine Fragmentierung der einzelnen Krisenschauplätze beeinträchtigt, wobei die Bundesstaaten Warrap, Lakes und Jonglei besonders, wenn auch nicht flächendeckend, betroffen sind. Im Hintergrund stehen häufig Verteilungskämpfe um Macht und Ressourcen sowie unterschiedliche Interessen der politischen Gruppierungen und Ethnien, bei einem allgemein hohen Maß an Gewaltkriminalität. Trotz der erzielten Fortschritte im Friedensprozess bleibt damit ein erhebliches Risiko für eine erneute, auch plötzliche Lageverschlechterung in einzelnen Bundesstaaten, aber auch im Gesamtstaat. Selbst ein Scheitern des Friedensprozesses kann nicht ausgeschlossen werden.


    Umso mehr sind von Seiten der internationalen Gemeinschaft sowohl Unterstützung als auch politischer Druck auf die südsudanesische Regierung und alle anderen Konfliktparteien für die vollständige Umsetzung des Waffenstillstandes und des Friedensabkommens erforderlich. Dabei kommt den Regionalorganisationen Afrikanische Union und IGAD, insbesondere den Nachbarstaaten Äthiopien, Kenia, Sudan und Uganda wie auch den Vereinten Nationen und UNMISS eine Schlüsselrolle zu. Das gilt ebenfalls für die dringend erforderliche Verbesserung der seit Neuausbruch des Krieges 2016 noch einmal deutlich verschlechterten humanitären Lage, insbesondere in Anbetracht der landesweiten Nahrungsmittelunsicherheit, sowie für den Schutz der international anwendbaren Menschenrechtsnormen und für die Einhaltung des anwendbaren humanitären Völkerrechts. Die Zivilbevölkerung leidet in Südsudan nach wie vor unter verbreiteter schwerer sexualisierter und genderbasierter Gewalt und humanitäre Helferinnen und Helfern werden wieder zunehmend Opfer von gewaltsamen Angriffen. Auch wenn die südsudanesische Regierung an erster Stelle selbst in der Pflicht steht, diese Verletzungen abzustellen und zu ahnden, wird sie dieser Verantwortung nur rudimentär gerecht.




    2. Die Rolle der militärischen Komponente von UNMISS


    Die prioritäre Ausrichtung von UNMISS auf den Schutz der Zivilbevölkerung bleibt auch nach der letzten Verlängerung des Mandats durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit Resolution 2514 (2020) vom 12. März 2020 bestehen.


    Unter Berufung auf Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen hat der Sicherheitsrat UNMISS ermächtigt,


    1. die Zivilbevölkerung zu schützen,


    2. förderliche Bedingungen für die Bereitstellung humanitärer Hilfe zu schaffen,


    3. bei der Umsetzung des Friedensabkommens und des Friedensprozesses zu unterstützen sowie


    4. die Menschenrechtslage zu beobachten und zu untersuchen.


    Die vom Sicherheitsrat vorgegebene Mandatsobergrenze von UNMISS liegt bei 17.000 Soldatinnen und Soldaten und bei 2.101 Polizistinnen und Polizisten.


    Im Rahmen der Mandatserfüllung ist unter anderem die Mitwirkung von UNMISS am Mechanismus zur Überwachung und Verifikation der Waffenruhe und Einhaltung der Übergangs-Sicherheitsbestimmungen „Ceasefire and Transitional Security Arrangements Monitoring and Verification Mechanism“ (CTSAMVM) wichtig.


    UNMISS-Kräfte werden zunehmend mobil, flexibel und auch in entlegenen Gebieten eingesetzt, um Bedrohungen der Zivilbevölkerung oder humanitären Notlagen zu begegnen, vertrauensbildend zu wirken und den Zugang für ziviles Personal der Vereinten Nationen und humanitäre Organisationen zur Bevölkerung zu gewährleisten.


    Das Mandat schließt die Anwendung militärischer Gewalt im Rahmen der erlassenen Einsatzregeln ein.


    Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wird dieses mit seiner Resolution 2514 (2020) bis zum 15. März 2021 erteilte Mandat absehbar verlängern, wobei davon auszugehen ist, dass die der militärischen Komponente der Mission obliegenden Aufgaben ohne wesentliche Änderungen fortgeschrieben werden. Zur Vorbereitung dieser Mandatsverlängerung ist UNMISS 2020 einer unabhängigen strategischen Überprüfung unterzogen worden. Auf dieser Grundlage hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen in einem Bericht vom 15. Dezember 2020 dem Sicherheitsrat empfohlen, das Mandat von UNMISS in den vier genannten Bereichen fortzuführen und – insbesondere bei der Unterstützung des Friedensprozesses – an die erzielten Fortschritte und den infolgedessen geänderten Bedarf des Südsudans anzupassen.


    Die Umsetzung des Mandats der Vereinten Nationen durch UNMISS bleibt unverzichtbar. Die Mission UNMISS kommt neben den fortbestehenden Aufgaben in den Bereichen Schutz der Zivilbevölkerung und humanitäre Hilfe sowie Menschenrechte eine Schlüsselrolle dafür zu, den Friedensprozess und die Implementierung des Friedensabkommens inklusiv und nachhaltig zu gestalten.


    Die Auftragserfüllung bleibt für UNMISS unter anderem aufgrund von Bewegungseinschränkungen durch die südsudanesische Regierung, vor allem durch deren Sicherheitskräfte, schwierig. Patrouillen können nur nach Anmeldung und Genehmigung stattfinden und sind selbst dann wegen örtlicher Widerstände, auch durch Regierungsstellen, oft nicht durchführbar. Der Südsudan bleibt aufgerufen, diese Verletzungen des mit den Vereinten Nationen geschlossenen Truppenstationierungsabkommens zu unterlassen.


    Trotz der Einschränkungen durch die südsudanesische Regierung ist es UNMISS im zweiten Halbjahr 2020 gelungen, ihre Patrouillentätigkeit wieder zu erhöhen und wahrnehmbar auf Gewaltausbrüche, etwa in Jonglei oder Western Equatoria, zu reagieren.


    Um Fähigkeiten stärker für diese mobile Schutzgewährung in der Fläche des Landes einsetzen zu können, hat UNMISS dort, wo die Sicherheitslage es zulässt, begonnen, die bislang von der Mission eingerichteten Schutzorte für die Zivilbevölkerung in enger Abstimmung mit den humanitären Hilfsorganisationen in die Sicherheitsverantwortung Südsudans zu übergeben. Die Mission konsultiert diesen Prozess mit Vertretern der Binnenvertriebenen in den Schutzorten und stimmt sich eng mit den südsudanesischen Stellen ab; die Polizeikomponente von UNMISS begleitet diesen Übergangsprozess. Im September 2020 hat UNMISS die Schutzorte in Bor und Wau und im November 2020 die beiden Schutzorte in Dschuba übergeben. In den beiden Ende 2020 verbliebenen Schutzorten Bentiu und Malakal leben zusammen gut 130.000 Menschen.


    Der deutsche militärische Beitrag für UNMISS soll weiterhin darin bestehen, sich mit Einzelpersonal in den Führungsstäben der Mission sowie Beratungs-, Verbindungs- bzw. Beobachtungsoffizieren zu beteiligen. Darüber hinaus kann deutsches Personal im Bedarfsfall die Ausbildung von Angehörigen der Vereinten Nationen im Hauptquartier von UNMISS temporär unterstützen.


    Die deutschen Militärbeobachter sind im internationalen Vergleich bestens ausgebildet und werden entsprechend wertgeschätzt. Bei UNMISS besetzen deutsche Kräfte zentrale Dienstposten in den Stäben. So ist der Dienstälteste Deutsche Offizier, ein Oberst, zugleich der Stellvertretende Leiter der Militärischen Verbindungsorganisation im UNMISS-Hauptquartier und hat Führungsverantwortung für alle nachgeordneten Militärbeobachter im gesamten Land. Zugleich ist er für den Bereich Militärbeobachtung die zentrale Ansprechperson für die tägliche Abstimmung des Einsatzes der Militärbeobachter mit den südsudanesischen Streitkräften. Ein anderer deutscher Stabsoffizier ist Abteilungsleiter Militärische Information.



    3. Weiteres Engagement der Bundesregierung


    Die Bundesregierung trägt in einem umfassenden, auf den Afrikapolitischen Leitlinien von 2019 und den 2017 in Kraft getretenen Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ basierenden Ansatz zu den Bemühungen um eine Stabilisierung und friedliche Entwicklung von Südsudan und der Region bei. Sie engagiert sich für eine weiterhin auf internationaler Präsenz und Unterstützung beruhende, dauerhafte Konfliktbewältigung und Friedensförderung in Südsudan. Die deutsche Beteiligung an UNMISS ist Teil dieser Gesamtstrategie der Bundesregierung.


    Das Auswärtige Amt engagiert sich im Rahmen seines Stabilisierungsengagements mit folgenden Schwerpunkten in Südsudan:


    1. Umsetzung des Friedensvertrags,


    2. Aufbau von rechtsstaatlichen Strukturen,


    3. Vermittlung und Versöhnung sowie Förderung inklusiven Dialogs und


    4. Umfeld Stabilisierung durch UNMISS, vor allem durch Beteiligung am „South Sudan Multi-Partner Trust Fund for Reconciliation, Stabilization, Resilience“ als erster Beitragszahler seit Dezember 2018; die Bundesregierung hat zu diesem Fonds bisher 13 Millionen Euro beigetragen.


    In diesem Sinne wurden aus Stabilisierungsmitteln des Auswärtigen Amtes Maßnahmen zur Unterstützung der Implementierung des Friedensabkommens und der Aufbau der Kapazitäten der Übergangsjustiz des Verfassungsgerichts in Südsudan unterstützt. Ebenso werden Maßnahmen finanziert, die das Waffenstillstandsabkommen, die Dialogkultur und die Konfliktprävention zwischen den unterschiedlichen Parteien nachhaltig stärken sollen. Außerdem wird der im Friedensabkommen vorgesehene Verfassungsprozess in Südsudan durch Workshops und Fortbildungen unterstützt, um so auch rechtstaatliche Strukturen aufzubauen. Zudem wurden 2020 mit Mitteln des ständigen Friedenskonsolidierungsfonds der Vereinten Nationen (Peacebuilding Fund – PBF) im Südsudan Projekte in Höhe von rund 5,2 Millionen Euro unter anderem in den Bereichen Frauen, Frieden und Sicherheit sowie Inklusion von Jugendlichen bewilligt. Die Bundesregierung ist mit einem Beitrag von 40 Millionen Euro allein 2020 der größte Beitragszahler zu diesem globalen Fonds. Soweit die Fortschritte im Friedensprozess dies erlauben, wird die Bundesregierung in enger Abstimmung mit der Gebergemeinschaft auch die weiteren Prozesse zu Sicherheitssektorreform und Demobilisierung begleiten und unterstützen.


    Von gut 12 Millionen Einwohnern Südsudans sind über 7,5 Millionen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Aktuell sind über 6 Millionen Menschen von starker Nahrungsmittelunsicherheit bedroht. Die Nachwirkungen der großflächigen Überflutungen 2020 mit ca. 1 Million Betroffenen verschärfen die Lage nochmals. Die Bundesregierung engagiert sich daher im Rahmen ihrer humanitären Hilfe und stellte 2020 rund 70 Millionen Euro bereit. Für 2021 sind bereits jetzt fast 28 Millionen Euro für humanitäre Hilfsmaßnahmen vertraglich festgelegt.


    Auch mit der Entwicklungspolitik verfolgt die Bundesregierung in Südsudan vorrangig die möglichst schnell wirksame Unterstützung besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppen, das heißt insbesondere von Frauen und Kindern, Binnenvertriebenen, Flüchtlingen und aufnehmenden Gemeinden. Gleichzeitig werden mit diesen Maßnahmen Strukturen zur Förderung der langfristigen Entwicklung des Landes geschaffen. Der Fokus des Portfolios des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) liegt dabei auf den Bereichen Ernährung und Landwirtschaft, Wasser- und Sanitärversorgung sowie multisektoraler Resilienzstärkung. Dabei werden auch auf lokaler Ebene Verwaltungsstrukturen gestärkt, um diese zur Erbringung von Dienstleistungen und zur friedlichen Lösung lokaler Konflikte zu befähigen. Dieses hat friedensfördernde und krisenpräventive Wirkungen.


    Die laufende deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in Südsudan hat ein Volumen von rund 200 Millionen Euro. Die Maßnahmen werden durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), internationale Organisationen, Kirchen und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen umgesetzt.


    In den von Fluchtbewegungen betroffenen Nachbarländern wie Uganda werden zudem länderspezifische und regionale EZ-Maßnahmen unterstützt, die südsudanesischen Flüchtlingen zugutekommen. Hervorzuheben ist in diesem Kontext eine seit 2017 laufende Zusammenarbeit mit der IGAD im Umfang von 37 Millionen Euro zur Förderung nachhaltiger und dauerhafter Lösungen für Flüchtlinge und Migranten sowie die gezielte Unterstützung aufnehmender Gemeinden in der Region Ostafrika.







    Fabian Stettner, geschäftsführender Bundesverteidigungsminister

    im Namen der Bundesregierung

  • Felix Weird

    Hat das Label von Antrag auf Angenommen geändert.