Deutscher Bundestag | Drucksache 3/062 |
3. Wahlperiode | 21.04.2021 |
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Ausbildung von Seelotsinnen und Seelotsen
A. Problem und Ziel
Das Seelotswesen ist ein wichtiges Element der Sicherheit des Schiffsverkehrs an der deutschen Küste. Die Beratung durch revierkundige Seelotsinnen und Seelotsen trägt wesentlich zur Gewährleistung der Sicherheit des Schiffsverkehrs auf den Seeschifffahrtsstraßen bei. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in der deutschen Seeschifffahrt ist jedoch zunehmend ein struktureller Bewerbermangel für den Beruf des Seelotsen zu verzeichnen. Nach aktueller Rechtslage müssen Bewerberinnen und Bewerber für die Seelotsenanwartschaft neben einem gültigen Befähigungszeugnis zum Kapitän eine näher bestimmte Seefahrtzeit nachweisen können. Durch den Rückgang von Schiffen unter deutscher Flagge und die damit verbundene rückläufige Entwicklung bei der Ausbildung deutscher Seeleute haben sich Bewerberinnen und Bewerber dieser Qualifikation in den letzten Jahren drastisch verringert. Unter den derzeitigen Voraussetzungen werden die in den nächsten Jahren durch Ruhestand vakant werdenden Stellen nicht mehr nachbesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund sollen die Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung zur Seelotsin oder zum Seelotsen modifiziert werden, um neue qualifizierte Bewerberfelder zu erschließen. Infolge der Modifikation der Ausbildung, die sich je nach Einstieg gegenüber dem bestehenden System verlängern kann, wird auch eine Anpassung des bisherigen Finanzierungsmodells erforderlich.
B. Lösung
Das Gesetz dient dazu, die Zulassungsvoraussetzungen für einen attraktiven neuen Ausbildungsweg zu schaffen, um den dringend erforderlichen Nachwuchs an Seelotsinnen und Seelotsen zu gewinnen. Die Neukonzeption der Ausbildung betrifft insbesondere die Kompensation der klassischen Seefahrtzeit durch eine bedarfsgerechte Praxisausbildung. Statt der bisherigen achtmonatigen Ausbildungszeit, die Anwärterinnen und Anwärter vor der Bestallung zur Seelotsin oder zum Seelotsen durchlaufen mussten, wird eine maximal zweijährige, modulare Ausbildung geschaffen, die einem breiteren Bewerberkreis die Möglichkeit zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten eröffnet. Dieser neue Ausbildungsweg wird durch eine Änderung der Verordnung über die Aus- und Fortbildung der Seelotsen geregelt. Daneben ist als Ausgleich für die Kompensation der Fahrtzeit die Intensivierung der umfassenden psychologischen Eignungsbeurteilung, die in der Verordnung über die seeärztliche Untersuchung der Seelotsen geregelt ist, erforderlich.
C. Alternativen
Keine.
Die Beibehaltung des bisherigen Zustandes würde dazu führen, dass das Seelotswesen in der derzeitigen Form nicht mehr gewährleistet werden kann. Eine Verringerung der Anzahl der Lotsinnen und Lotsen aufgrund fehlenden Nachwuchses könnte z. B. zu Wartezeiten bei den Zufahrten zu den deutschen Seehäfen führen und damit die Attraktivität der deutschen Seehäfen schmälern.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Dem Bund entstehen durch das Gesetz in den ersten acht Jahren nach Inkrafttreten Ausgaben in Höhe von insgesamt bis zu ca. 17,324 Mio. €, davon sind ca. 9,3 Mio. € für die Anschubfinanzierung vorgesehen und 8,024 Mio. € für die Fixkosten. Die Fixkosten betragen jährlich ca. 1,2 Mio. € und fallen auch über das Jahr 2028 hinaus an. Der Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan 12 ausgeglichen werden.
Es werden in den ersten 8 Jahren insgesamt bis zu 9,3 Mio. € für die Anschubfinanzierung und 8,024 Mio. € für die Fixkosten benötigt.
Die Kostenschätzung ist Stand 6.2020. Grundlage für die Personalkosten sind die Personalkostensätze des BMF für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und Kostenberechnungen.
Den Ländern und Kommunen entstehen keine zusätzlichen Kosten.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger
Keine
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Die fondsbasierte Finanzierung des neuen Ausbildungssystems wird durch einen Einbehalt von Einkommensanteilen der Lotsinnen und Lotsen in den ersten fünf Jahren nach der Bestallung sichergestellt. Durch den Einbehalt wird die Gesamtheit der Lotsinnen und
Lotsen gegenüber der jetzigen Rechtslage mit Kosten in Höhe von durchschnittlich rund
333 000 € jährlich belastet. Da Seelotsinnen und Seelotsen freiberuflich tätig sind, wird die Wirtschaft mit dem Betrag belastet. Im Sinne der „One-in, one-out“-Regel der Bundesregierung wird die Mehrbelastung mit einem anderen Regelungsvorhaben kompensiert.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Der zusätzliche Erfüllungsaufwand auf Bundesebene beträgt für die ersten sieben Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes ca. 9,3 Mio. € und zusätzlich jährlich ca. 1,2 Mio. €.
Für die Länder und Kommunen entsteht kein Erfüllungsaufwand.
F. Weitere Kosten
Infolge der Neukonzeptionierung der Ausbildung wird die Anerkennung der Gleichwertigkeit von Befähigungszeugnissen, die im EU/EWR-Ausland erworben wurden mit den in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Zeugnissen erforderlich. Die Gleichwertigkeitsprüfung nimmt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie vor. Hierfür wird eine neu einzuführende Gebühr erhoben. Jährlich ist hierdurch mit einer Mehrbelastung für Bürgerinnen und Bürger in Höhe von ca. 38 500 € zu rechnen.
Sonstige weitere Kosten für die Wirtschaft oder die sozialen Sicherungssysteme, Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.